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Unternehmer und Strafrecht

Wirtschaftsstrafrecht

Aufgrund der offenkundigen Tatsache, dass unternehmerische Tätigkeit - da vom Wirtschaftlichkeitsgebot geprägt - mehr als alles andere offizielle Handeln, risikobehaftet ist und die Gefahr mit sich bringt, oftmals an der Grenze zum strafhaften bzw. bußgeldrelevanten Bereich zu lavieren. Nicht zuletzt handelt der Unternehmer zur Erzielung wirtschaftlicher Profite weitgehend unter Ausnutzung vorhandener oder auch nur vermeintlicher Gesetzesspielräume bzw. –lücken.
Dies erfordert hohe Beweglichkeit in Bezug auf verteidigungstaktische und verteidigungsstrategische Überlegungen. Verteidigungsrelevant werden insbesondere Sanktionen gegen Unternehmen und Unternehmer, die straf- und bußgeldrechtliche Verantwortlichkeit von Geschäftsleitungsorganen (Geschäftsführer, Vorstand, Aufsichtsrat), Straftaten im Zusammenhang mit der Aufnahme unternehmerischer Tätigkeit und Straftaten bei unternehmerischer Tätigkeit. Hinzu kommen mögliche Straftaten im Bereich der Insolvenzdelikte.
Die Strafbarkeitsfalle bei der Geschäftsherrenhaftung, die im Wesentlichen die in einem Wirtschaftsunternehmen verantwortlichen Personen, wie z.B. die Vorstandsmitglieder oder die Geschäftsführer trifft, besteht z.B. darin, ob diese es unterlassen haben, durch eine ausreichende Kontrolle oder Überwachung der in ihren Herrschaftsbereich vorgenommenen Handlungen von strafbarem Charakter, zu verhindern. Dies ist regelmäßig dann zumindest der Fall, wenn der Geschäftsherr Anweisungen an Unternehmensmitarbeiter gibt oder geben lässt, deren Umsetzung zur Verwirklichung von Straftatbeständen führt.
Als Straftatbestände wirken in diesem Bereich der Straftaten im Zusammenhang mit dem wirtschaftlichen Handeln von Unternehmern z.B.

  • der Kreditbetrug gem. § 265b StGB;
  • der Betrug gem. § 263 StGB;
  • ferner Verstöße gegen § 82 GmbHG bzw. § 399 AktG in Form der falschen Angaben bei Gründung und bei Kapitalveränderung;
  • sodann unrichtige Darstellungen nach § 331 Nr. 1 HGB.

Heute nahezu überbordende Relevanz in Zusammenhang mit der Compliance (Wirtschafts-Ethik) ist den Korruptionsdelikten nach den §§ 331 ff. StGB, jedoch insbesondere § 299 StGB, beizumessen. Diese Vorschriften sind noch nahezu unbeachtet, jedoch von absolut erheblicher Relevanz. Die Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr nach der genannten Norm war früher nur in Bezug auf die vorgenannten Korruptionsdelikte bei Amtsträgern bekannt. Aufgrund der vom Gesetzgeber nicht präzise genug gefassten Tatbestandsbeschreibungen in § 299 StGB ergeben sich hier weitreichende Verteidigungsspielräume.
Weiter genannt werden müssen die Straftaten und Verstöße gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (§§ 16-19 UWG) und Straftaten im Zusammenhang mit illegaler Beschäftigung (§ 92 AuslG, §§ 95f AufenthG, § 404 SBG III, § 16 AÜG, § 5 AEntG und § 8 SchwarzArbG).

In diesem Zusammenhang ist auch die Beitragsvorenthaltung nach § 266a StGB zu nennen.
Daneben weist – ebenfalls oft unbeachtet – das Umweltstrafrecht unter Bezugnahme auf die §§ 324ff StGB nach wie vor eine nicht zu vernachlässigende Relevanz auf.
Auch die strafrechtliche Produkthaftung sei hier genannt, die allerdings in Deutschland überwiegend zivilrechtlich abgehandelt wird.
Daneben sind die allgemeinen Unterschlagungs- (§ 246 StGB) und Betrugsdelikte (§ 263 StGB) zu nennen.
Ein ganz zentrales Delikt im Zusammenhang mit unternehmerischem Handeln stellt § 266 StGB, die Untreue, dar. Hier seien die Missbrauchs- und die Treubruchsalternative genannt sowie das ganz zentrale Tatbestandsmerkmal der Vermögensbetreuungspflicht. Auch dieser Tatbestand ermöglicht aufgrund seiner schweren sachverhaltlichen Einordnung erhebliches Verteidigungspotential. Hier haben nicht zuletzt einige prominente Wirtschaftsstrafverfahren in der letzten Zeit entsprechende Beispiele gesetzt.
Abschließend soll noch kurz auf die Insolvenzdelikte nach den §§ 283ff StGB, § 84 GmbHG, §§ 130a, 130b, 177a HGB eingegangen werden. Hier sei erwähnt, dass insbesondere im Stuttgarter Raum zwischenzeitlich bei den Kriminalpolizeidienststellen Sonderermittlungsstellen (Esslingen) eingerichtet wurden, die als „WESP“ in enger Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft Stuttgart nahezu jeden Fall der Insolvenzanmeldung auf möglicherweise in diese Zusammenhang sich ergebende strafrechtliche Aspekte flächendeckend untersuchen.
Neben den strafrechtlich relevanten Taten spielen auch einige Taten aus dem Bereich des Ordnungswidrigkeitenrechts in diesem Kontext eine Rolle, so insbesondere die zentrale Norm des § 130 OWiG (Verletzung der Aufsichtspflicht). Sowohl bei Übertretungen nach dem Ordnungswidrigkeitenrecht, als auch nach dem Strafrecht, kommen die faktisch schwerwiegenden Folgen der Anordnung des Verfalls (§29 a OWiG bzw. §§ 73-73e StGB) in Betracht.
In den letzten Jahren hat sich darüber hinaus noch das Spezialgebiet des Arbeitsstrafrechts herausgebildet, welches landläufig auch als Arbeitgeberstrafrecht zu bezeichnen ist, weil sich seine Normen vorwiegend an den Arbeitgeber richten. Das materielle Arbeitsstrafrecht umfasst einige der vorgenannten Normen, insbesondere die nach dem AÜG, dem AEntG, dem SGB III, dem AuslG, dem SAG, der AO und dem StGB. Die besondere Gefahrgeneigtheit, sich hier in den Strafgesetzen als Arbeitgeber zu verfangen, liegt darin, dass die betreffenden Sanktionsvorschriften sich durch ausdrücklich und – überwiegend – durch stillschweigende Verweisungen hinsichtlich ihrer Zusammenhänge zu einem mitunter kaum durchschaubaren Normennetz zersplittert haben. Gerade hier ist guter Rat regelmäßig teuer. In enger Verkettung mit den Arbeitsrechtsreferaten in der Kanzlei und den dort ausschließlich auf dem Gebiet des Arbeitsrechts zivilrechtlich tätigen Fachanwälten sind wir gerne bereit, entsprechende Beratungen und Vertretungen zu übernehmen.
siehe auch "Wirtschaftsstrafsachen" auf dieser Internetpräsenz